Schäfchen zählen in der Normandie – das 4-beinige Kulturerbe

Wie auch in Deutschland, werden in der Normandie die alten Landrassen wieder entdeckt. Der Grund: Diese Tiere sind robust und widerstehen dem wechselhaften Wetter im rauen Klima des Nordwestens. In diesem Blogbeitrag stellen wir drei typisch normannische Schafrassen vor.

Schafe in den Salzwiesen

Alte Landrassen zu züchten ist eine Form der Bewahrung von kulturellem Erbe. In der Manche kennt man drei Rassen, das Cotentin-Schaf, das Avranchin und das Roussin de la Hague.

Das Cotentin-Schaf

Die Bezeichnung Cotentin ist etwas irreführend, stand seine Wiege doch im Coutançais, dem historischen Bistum Coutances. Im Laufe der Zeit hat sich das Wort zu Coustançais, Costentin und jetzt Cotentin entwickelt. Der Cotentin bezeichnet heute die nördliche Halbinsel des Departements Manche und umfasst nicht einmal mehr die Stadt Coutances! Die Rasse, die ihren Namen trägt, wird daher fälschlicherweise diesem geografischen Gebiet zugeordnet. Doch sie stammt aus dem Zentrum der Manche. Diese Schafe, die aus der Bocage, den Wallhecken, kommen, brauchen Bäume und Hecken, um ihre rosa Haut am Kopf zu schützen, die zu Sonnenbrand und Sonnenstich neigt. Traditionell werden sie in kleinen Gruppen von 10 bis 30 Tieren gehalten, oft auch zusammen mit Pferden. Insgesamt wird ihr Bestand auf 2.000 Tiere geschätzt. Das Schaf passt sich perfekt an mildes, feuchtes und windiges Klima an. Das Ablammen findet einmal im Jahr statt: von Mitte Dezember bis Ende März. Charakteristisch für diese große und schwere Rasse ist der rosa Kopf, der nur wenig behaart ist (und fast ein bisschen an einen Schweinekopf erinnert). Sie sind mit 90 bis 100 kg (Weibchen) und 100 bis 140kg (Männchen) echte Schwergewichte.

Das Cotentin-Schaf

Das Avranchin-Schaf

Das Avranchin-Schaf ist die erste anerkannte Schafrasse der Manche. Seit dem 18. Jhdt. wurde die Qualität des als „d’Avranches“ bekannten Schafsfleisches von Feinschmeckern gelobt, während die Feinheit und außergewöhnliche Weichheit seiner Wolle bereits 1764 hervorgehoben wurde. Das Avranchin-Schaf war vor dem Krieg die am weitesten verbreitete Rasse in der Region, wo es in kleinen Herden auf traditionellen Bauernhöfen gezüchtet wurde. 1960 konnte das Avranchin gerade noch vor dem Aussterben gerettet werden. Seit 2015 gilt das Avranchin als „gefährdete Haustierrasse“, obwohl einige sehr engagierte Züchter sich seit Jahren um ihren Erhalt bemühen. Es gibt insgesamt nur etwas 2.000 Mutterschafe. Als alte Graslandrasse ist es heute oft in den Salzwiesen anzutreffen, da es das ganze Jahr über im Freien leben kann. Es ist sehr anpassungsfähig, daher wird es mit der sich durch den Klimawandel verändernden Flora zurechtkommen, so Stéphanie Maubé, die sich seit Jahren unermüdlich für das Avranchin-Schaf einsetzt. Die Mutterschafe sind fruchtbar und kümmern sich besonders liebevoll um ihre Lämmer. Sein Charakter ist sanftmütig, was es zu einer idealen Wahl für kleine Züchtungen macht. Die Schafe sind sehr freiheitsliebend und lassen sich nicht gerne einstallen. Die Lammzeit dauert von Dezember bis April. Das Avranchin ist eine mittelgroße Rasse, ein Mutterschaf wiegt zwischen 65 und 80 kg.

Das Roussin de la Hague

Eine richtig „alte“ Rasse ist das Roussin nicht. Es entstand wohl 1920 aus der Verpaarung der lokalen Schafe in den Dünen von Biville und Vauville mit den englischen Rassen Dishley und Southdown. Diese Vorfahren gab es wohl schon im 18. Jhdt. auf dem Cotenin. Seit dieser Zeit wird der Schafmarkt von Jobourg abgehalten, der die Roussins in den Mittelpunkt des Interesses rückt.
Offiziell anerkannt wurde die Rasse erst 1982. Das Roussin ist eine äußerst widerstandsfähige Rasse, die perfekt anbieten das raue Klima des Cape ganz oben im Norden des Cotentin angepasst ist. Es kann sowohl auf mageren als auch fetten Weiden grasen. Auch auf den Salzwiesen sind sie anzutreffen. Hier reifen die Lämmer zu den berühmten Agneau prés-salés heran. Lammzeit ist im Winter. Die Mutterschafe sind leicht zu führen und brauchen nur wenig Pflege. Die Herden sind meist klein mit rund 50 Mutterschafen, insgesamt werden auf dem Cotentin und in der Umgebung rund 2.000 gehalten. Das Roussin hat einen braunen Kopf und einen wachen, ausdrucksstarken Blick. Die Mutterschafe erreichen 60-80kg, die Herren der Schöpfung bringen 90 bis 110kg auf die Waage.

Schafe erleben und Schafprodukte kaufen

An vielen Stellen rund um unsere Ferienhäuser in der Normandie kann man die typischen Schafe entdecken. Probieren sollte man unbedingt (sofern man Fleisch isst) die Fleischprodukte der Salzwiesenlämmer.

Fleisch vom Avranchin: Biobetrieb La Ferme de la Petite Lande in 50310 Ecausseville, Telefon +33 6 99 65 60 41

Stéphanie Maubé hat sich mit anderen Schafzüchtern der normannischen Rassen zusammengetan, um gemeinsam die Wolle unter der Marke Laines à l’Ouest zu vermarkten. Die Wolle kann man in dem kleinen Laden in Lessay kaufen (6, rue de la Sainte-Croix, mittwochs 15:00 – 18:30 Uhr) oder über den Online-Shop Laines à l’Ouest

Stéphanie lässt ihre Salzwiesen-Lämmer zu Merguez verarbeiten, die man in den Sommermonaten bei Jambon de Lessay erwerben kann.
Jambon de Lessay 10,Espace Fernand Finel, Industriegebiet in Richtung Périers, Lessay; Mo. – Sa. 9:00 – 12:30 und 14:00 – 18:30 Uhr

Die Foire aux Moutons findet in Jobourg immer am ersten Samstag im August statt. Neben Körung der Schafe der Rasse Roussin gibt es zahlreiche Vorführungen, z. B. mit Hütehunden oder Schafscherern. Man kann lokale Produkte erwerben und zum Mittagessen die Lammspezialitäten des Cotentin verkosten. Hunde können problemlos mitgebracht werden, sollten aber an der Leine bleiben.

Schafe scheren während der Foire aus Moutons

Das Museum Ferme Musée du Cotentin in Sainte-Mère-Église hält ebenfalls Schafe der Rasse Roussin. Es ist April, Mai, Juni, September, Osterferien und Herbstferien von So. bis Fr. von 14:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Im Juli und August von 11:00 – 19:00 Uhr. Hunde an der Leine sind erlaubt.

Text und Fotos: Barbara Homolka